Sonntag, 25. Januar 2009

Rendite statt sozialer Verantwortung?

Sehr geehrte Damen und Herren,

dieser Brief ist gerichtet an alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland.

Er ist teilweise gedacht als Wutrede gegen die Banker oder Finanzjongleure und die hochbezahlten Manager,
die aktuell tausende Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit schicken und die Rendite vor ihre soziale
Verantwortung stellen.

Das dies für viele Menschen ein finanzieller Drahtseilakt wird und einige Mitbürger schon heute nicht
mehr wissen, wie Sie die Heizkosten und Ausgaben für die alltäglichen Dinge zahlen sollen, ist den
Herren nicht beizubringen.

Oder besser gesagt - sie wissen es einfach nicht, was es bedeutet mit 1200€ netto im Monat zu leben.

Die Riege der Akademiker und der oberen 10.000 kennt die Probleme der einfachen Menschen einfach
nicht - aber wie auch. Die meisten Menschen in führenden Positionen haben ihre Positionen bekommen, weil
sie zu den Priveligierten gehören.Die Eltern meist schon Akademiker oder zumindest in gehobenen Positionen
tätig, die Freunde und Studienkollegen ebenfalls aus ähnlichen Verhältnissen.

Gleich und Gleich gesellt sich eben gerne.

Wie soll ein Manager in einer deutschen Großbank nachvollziehen können, wie sich ein Dreher in einem
metallverarbeitenden Betrieb fühlt oder wie sich eine Krankenschwester fühlt, die aufopferungsvoll und
schlecht bezahlt, pflegebedürftige Menschen jeden Tag probiert ein menschenwürdiges Darsein zu ermöglichen.

Wenn sich die Elite eines Landes, von dem einfachen Volk komplett loslöst, und sich sozusagen in ihrem Elfenbeinturm
einschließt und die Augen vor den Sorgen und Nöten der Masse schließt, führt das zwangsmäßig zu wirklichen
sozialen Konflikten, die über Kurz oder Lang zu einer Frustreaktion der Masse führen wird.

Als es die Finanzkrise noch nicht gab und es der Wirtschaft noch gut ging, Renditeziele von 25% als normal und
Bonizahlungen an Banker in Milliardenhöhe als gerechtfertigt betitelt wurden, wurde die Masse der arbeitenden
Bevölkerung mit kleinen Geschenken bei Laune gehalten. Eine Lohnerhöhung auf Höhe der Inflationsrate wurde
als Erfolg gefeiert und die geschönte sinkende Arbeitslosigkeit als neues Wirtschaftswunder interpretiert. Das aber
zeitgleich die Gehälter bzw. Gewinne der Unternehmen viel rasanter stiegen und die Maßlosigkeit der Elite
keine Grenzen mehr kannte, wurde bewußt verschwiegen und unter den Teppich gekehrt.

Aber das unglaublichste passiert jetzt in der Finanzkrise. Die hochgelobte und abgekapselte Elite fürchtet jetzt um
Ihre Privilegien und probiert dem Staat jetzt Aufzudiktieren für die Milliardenverluste einzustehen, die einige wenige
verursacht haben.

Allein der Gedanke, dass der Staat jetzt für bis zu diskutierten 1000 Milliarden € für eine Bad Bank aufbringen soll, die
letztenendes der Otto-Normal-Verbraucher mit seinen Steuern oder besser mit einer galopierenden Inflation zahlen wird, da
man sonst diese Schuldenlast nie wieder los werden wird, ist dermaßen dreist, dass einem die Hutschnur platzt.

Wenn die deutsche Wirtschaft daran krankt, dass sich die Banken nicht mehr trauen und keine Kredite mehr an den
Mittelstand vergeben werden, dann soll eben eine staatliche Bank diese Kredite vergeben - und ich garantiere, dass
die Mehrzahl der Unternehmen diese Kredite ordnungsgemäß mit Zinsen zurückzahlen wird.

Aber börsennotierten Banken, die Ihren Aktionären (meist anderen Banken oder großen Investmentsfonds) Dividenden
und Gewinne schuldig sind, diese selbstverschuldeten Krisenpapiere ohne große Gegenleistung abzunehmen, wäre
absolut unfassbar und keinem normaldenkenden Bürger zu erklären.
Einzige Option wäre, dass alle zukünftigen Bonuszahlungen und Gewinne nach Steuern, der so geretteten Unternehmen, ausnahmslos an diese
BadBank bzw. den Staat fließen bis die volle Höhe der faulen Kredite inklusive Zinsen, getilgt sind.

Denn sonst wäre das ein Persilschein für die Banken genauso weiterzumachen und es würden keine richtigen Konsequenzen
gezogen.

Das lächerlichste Argument der Banker ist, dass man nur mit Spitzengehältern die Topleute in einer globalen Wirtschaft bekommt.
Die USA als Gehaltswunderland hat ja klar gezeigt, dass genau diese Topleute zu Größenwahn und Realitätsverlust neigen.

Dann sehe ich lieber bodenständige und bescheidene Manager in den Banken, als solche durch Eliteschulen und familiäre Bande
hochgezogene "Eliten".

Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, dass auch heutzutage in Deutschland, diese Netzwerke der Macht funktionieren. In den USA mit
ihren seit Jahrhunderten etablierten gesellschaftlichen Unterschieden ist es noch viel krasser als bei uns (Bsp. Familie Bush, Familie Kennedy etc.), aber
Tendenzen sind auch bei uns klar zu erkennen.

Die sogenannte Elite schottet sich mehr und mehr ab und versorgt den eigenen Nachwuchs mit den entsprechenden Kontakten, um die
wichtigen Positionen in den Führungsgremien und Wirtschaft und Politik zu besetzen.

Früher war man in Deutschland stolz, dass jeder es schaffen kann - heute entscheidet die Herkunft über die Chancen eines Kindes.

Fazit:

Wenn die Bundesregierung dem Drängen der "Elite" nachgibt und die Masse der arbeitenden Bevölkerung, die immer die Zech zahlt, um
diese zusätzlichen Milliarden betrügt, wird ein Ruck durch Deutschland gehen und die Masse wird sich langsam erheben und in Bewegung setzen.
Und dies wird dazu führen, dass radikale Parteien an beiden Ufern mehr und mehr Zulauf bekommen und die Politikverdrossenheit weiter zunimmt.

Eine soziale Verantwortung geht immer vor Rendite und ein Unternehmenserfolg basiert zu großen Teilen auf den Mitarbeitern eines Unternehmens und
nicht auf Vorstandsebene und Aufsichtsrat.


Gruss
Ein Bürger dieses Landes

PS: Ich bin weder arbeitlos, noch habe ich irgendwelche Sorgen finanzieller Art.
Ich habe mich nur über die Arroganz gewisser Personen aufgeregt, die in Ihren Nadelstreifen immer noch probieren zu glänzen, obwohl
der ganze Glanz schon lange ab ist.